Garm/Tadschikistan, 2. September 2014
Schön langsam wird es Zeit, dass ich wieder mal von mir hören lasse. Mein aktueller Newsletter erreicht euch wieder mal aus Asien – dieses Mal aus dem gebirgigen Tadschikistan. Vor ca. 2 Wochen bin ich mit meinem Freund Bert Strauß, der mich dieses Mal auf meiner 3-monatigen Asienreise begleitet, in Khorog, der Hauptstadt der autonomen Region Gorno Badakhshan angekommen. Diese Gebirgsregion im Süden Tadschikistans ist nur über den legendären Pamir Highway erreichbar und wird hauptsächlich von Ismaeliten bewohnt. Diese tolerante Gruppe von Muslimen findet sich auch im Wakhan Korridor in Afghanistan, im Norden Pakistans und im Westen Chinas.
Tja, vor 2 Wochen waren wir nicht einmal 100 Kilometer vom pakistanischen Yasin Valley entfernt! Allerdings war es uns heuer nicht vergönnt, unsere Freunde und mein Herzensprojekt, die nun endgültig fertig gestellte und schön bemalte World Roof Public School zu besuchen, da wir kein Visum für Pakistan bekommen haben!
Trotz guter Kontakte zur Botschaft in Wien und meiner neuen Funktion als Schriftführer der Österreichisch-Pakistanischen Gesellschaft haben wir aus Sicherheitsgründen keine Einreiseerlaubnis erhalten, was sicher auch auf den blutigen Anschlag der Taliban auf den Flughafen in Karachi zurückzuführen ist. Wir haben daraufhin unsere Reisepläne geändert und sind ein paar Tage später um 250 € nach Bishkek geflogen. Für Kirgistan braucht man seit 2 Jahren kein Visum mehr, sodass Kirgistan (Kirgisien) immer mehr zu einem beliebten und sicheren Reiseziel im Herzen Zentralasiens wird. Beeindruckende Bauten wie in Samarkand oder Buchara findet man hier allerdings nicht. Naturliebhaber kommen allerdings in dem kleinen Land mit 5,5 Millionen Einwohnern voll auf ihre Kosten.
Begonnen hat unsere Reise in Kirgistan mit dem Besuch eines lokalen Festivals, bei dem auch klassische Pferdespiele zu sehen waren. Das bekannteste heißt Bushkashi bzw. Ulag Tardysh. Vor dem Spiel wird einer Ziege der Kopf abgeschlagen. Danach kämpfen 2 Teams mit jeweils mindestens 5 Reitern um die tote Ziege, wobei es sehr wild zugehen kann. Pferde und Reiter stürzen immer mal wieder bei dem Versuch, die Ziege vom Boden aufzunehmen und durch die gegnerischen Linien ins mehrere Hundert Meter entfernte Ziel zu bringen. Die Gegner versuchen ihnen die Ziege zu entreißen. Da wird verbissen gekämpft und gezogen, woraus sich auch der kirgisische Name „Ziege ziehen“ herleitet.
Wesentlich entspannter ging es dann bei unserem anschließenden Abenteuer im Sattel zu. Wir waren insgesamt eine Woche mit 2 Pferden und einem Pferdeführer unterwegs, der uns über einen 3300 Meter hohen Pass zum Song Kul See brachte, der stark an die Mongolei erinnert. 5 Tage lang dauerte der völlig entspannte Ritt um den 3000 m hoch gelegenen See (96km). Gegessen und übernachtet haben wir in schönen Jurten bei sehr, sehr freundlichen Menschen, die während des Sommers hier ihre Tiere (Schafe, Ziegen, Pferde, Kühe und Yaks) grasen lassen.
Danach waren wir eine Woche lang Tage in den Bergen im östlichen Teil Kirgistans rund um Karakol unterwegs, um uns auf die Besteigung des 7134m hohen Pik Lenin vorzubereiten. Unser 3-Mann-Zelt erwies sich bei unseren Touren als recht nützlich und ist auch im Schnee ein zuverlässiger Begleiter. Nur leider ist es mit 5,5 kg relativ schwer. Ursprünglich wollten wir damit zu Dritt unterwegs sein, aber leider konnte Ralph, der mit uns 2011 in Pakistan unterwegs war, nicht mitkommen, sodass wir nun ziemlich schwer an unserem Luxuszelt zu schleppen haben. Nach unserer Bergtour legten wir dann ganz entspannt unser ganzes Gepäck in den luxuriösen Toyota Landcruiser meines belgischen Freundes Michel, den ich vor 2 Jahren in Karakol kennengelernt hatte. Michel lebt nach dem Verkauf seines Hauses in Brüssel seit einem Jahr in Kirgistan und fühlt sich hier viel wohler als in Belgien. Wir besuchten unseren gemeinsamen Freund Ishenbek, der uns tags darauf die Jagdkünste seines Adlers Sanaar vorführt. Danach ging es weiter zur Karawanserei Tash Rabat und zum Torugart Pass (3752m) an der chinesischen Grenze, einst ein wichtiger Pass an der Seidenstraße. Chinesische Baufirmen bauen nun überall in Kirgistan neue Straßen, sodass das Reisen im Auto immer bequemer wird.
Die 700 km von Bishkek nach Osh legten wir allerdings im Flugzeug zurück, da der Flug nur 30 € kostet. Per Autostopp (man beteiligt sich dabei an den Benzinkosten – dieses System funktioniert in Zentralasien übrigens wunderbar!) ging’s dann weiter in den Süden, wo wir eine Familie besuchten, bei der ich 2012 übernachtet hatte. Von Sary Moghul aus ging’s per russischen Uralt-Jeep, den Bert vor der Anfahrt reparieren musste, ins 3600 m hoch gelegene Basislager des Pik Lenin. Bei herrlichem Wetter ließen wir einen Teil unseres Gepäcks mit dem Pferd ins vorgeschobene Basislager auf 4200 m (Camp 1) transportieren.
Gut akklimatisiert machten wir uns dann nach 3 Übernachtungen auf ins Camp 2. Über den Gletscher ging’s mit Steigeisen steil bergauf zum 5200 m hoch gelegenen Camp 2. Kurz nach unserer Ankunft fing es zu schneien an. Morgens hatte es um die – 10 Grad, sodass das Zubereiten des Tees aus Schnee zu einer eisigen Herausforderung wurde. Kurz danach schien wieder die Sonne. Bert stieg bei gutem Wetter bis ins Camp 3 auf 6100 m auf. Ich begnügte mich mit 5700 m, da das Wetter umschlug und wir uns auf den Weg ins Basislager machen mussten. Nachts schneite es stark, sodass wir tags darauf ins Tal abstiegen, um die nächsten beiden Tage in einem warmen Guesthouse in Sary Tash zu verbringen.
Von Sary Tash geht es links nach China und geradeaus (in südlicher Richtung) nach Tadschikistan. Wir hatten extrem viel Glück, dass uns ein mit Wassermelonen beladener Jeep bis zur tadschikischen Grenze mitgenommen hat. Dort wurden die Melonen umgeladen und 4 Touristen stiegen in unserem Jeep um. Wir fuhren mit dem russischen Pickup seines Bruders bis Murghab und bezahlten dafür 80 $. Von Murghab ging’s mit einem Mitsubishi Pajero (V6, 3.0) zuerst entlang des Pamir Highways und dann über den 4200 m hohen Kargush Pass in das Grenzgebiet zu Afghanistan. Vom Kargush Pass aus hatten wir einen wunderbaren Ausblick auf die vereisten Bergriesen des Kleinen Pamir. Dem Grenzfluss Panj folgend taten sich uns faszinierende Blicke auf die Hindukusch Berge mit ihren Sechs- und Siebentausendern auf. Bei Langar erreichten wir den Wakhan Korridor, der vor mehr als 100 Jahren von Russen und Briten als (schmale) Pufferzone zwischen dem Zarenreich und British India (jetzt Pakistan) eingerichtet worden ist. Der Wakhan Korridor war zu Zeiten der Seidenstraße die kürzeste Verbindung zwischen Europa und Asien.
Wir haben die Wakhi, die eine eigenständige Kultur und Sprache haben, als sehr freundliche Menschen erlebt und ihre Gastfreundschaft in Form von Homestays für 15 $ pro Nacht inkl. Dinner und Frühstück genossen. In Ishkashim (ca. 2600 m) sind wir dann das erste Mal mit der afghanischen Kultur in Berührung gekommen, da es jeden Samstag auf der tadschikischen Seite einen großen Basar gibt. Ja, und in ein paar Tagen werden wir dann inshallah nach Afghanistan reisen, um vielleicht auch die afghanische Seite des Wakhan Korridors kennenzulernen – mal sehen. Das afghanische Visum haben wir jedenfalls schon in der Tasche, und es war in Wien ganz leicht zu bekommen!
Von unseren Abenteuern in Afghanistan werde ich im nächsten Newsletter berichten. Derzeit sind wir noch in den Bergen des Rasht Valley im Norden Tadschikistan unterwegs. Bis dahin wünsche ich allen Leserinnen und Lesern einen schönen Spätsommer mit viel Sonnenschein und alles Gute für eure Unternehmungen!
Euer Mukti